Par chemin

Der Dichter Manessier beendete um 1230 seine Fortsetzung des Conte del Graal Chrétiens de Troyes mit einem Wortspiel, in dem das Pergament der Buchseite als Speicherort des Niedergeschriebenen erscheint und zugleich begehbare Wege eröffnet: “Alle, die die Straße bereisen (par le chemin), können die Geschichte dort noch sehen, besiegelt im Pergament (parchemin).“

Während dem “Codex als Raum“ seit einigen Jahren erhöhte Aufmerksamkeit zukommt, fehlt bislang eine systematische Diskussion der mit diesem Verständnis von Räumlichkeit eng verbundenen und topisch erscheinenden Vorstellung vom Lesen und Betrachten der Handschrift als Voranschreiten und Zurücklegen eines Weges. Die Buchkulturen des Mittelalters, die dem Buch und seinem zeitintensiven Studium eine zentrale Rolle zuweisen, bieten für diese Diskussion einen besonders fruchtbaren Ausgangspunkt. Wir wollen daher fragen, wie die von der Buchform des Codex bereitgestellten gestalterischen Gebrauchsvorgaben (bewegliche Seiten, Rahmensysteme, bildliche Ausstattungen) und ihre Nutzung (etwa im Blättern) Inhalte derart gliedern, dass ein Durchgang suggeriert bzw. − gesteigert in der Metapher des Weges − fassbar wird.