Die Art und Weise der Verbindung der als immateriell und unsterblich verstandenen rationalen Seele mit dem menschlichen Körper, der materiell und vergänglich ist, ist seit Platon ein viel diskutiertes Problem. Ausgehend von der allegorischen Darstellung des Seelenwagens im Phaidros und zusammen mit den Überlegungen des Aristoteles zu diesem Problem gewinnt das Konzept des Seelengefährts (ochêma) in dieser Hinsicht in der antiken Philosophie bis in die Spätantike zentrale Bedeutung. In die philosophisch-theologischen Diskurse des Mittelalters findet dieses Konzept als Erlösungs-/Glorienleib Eingang und dient bis in die frühe Neuzeit dazu, die Verbindung zwischen Leib und Seele nicht nur quasi-physiologisch, sondern auch epistemologisch zu erklären.
Leitend für den Workshop ist die Annahme, dass dem ochêma dabei in seiner stofflich-aitherischen Beschaffenheit auch eine topologische Funktion zugeschrieben wird: Es kann nämlich als Ort der Vorstellung verstanden werden, in dem sich göttliche omnisciencia, d.h. noetisches Wissen auf der Ebene der individuellen menschlichen Seele abbildet. Der Workshop soll sich mit all diesen verschiedenen Konfigurationen beschäftigen, wobei besonders die Verschränkung von literarischer Darstellung und philosophisch-theologischem Inhalt von Interesse ist. In diesem Rahmen soll den Transfers und Transformationen dieser vielfältigen Vorstellungen von der Antike bis in die Neuzeit in ihrer Kontinuität nachgegangen werden.
Für die Teilnahme melden Sie sich bitte bei Bettina Bohle(bettina.bohle@hu-berlin.de) an.
23.10.2015 | |
09:30 - 10:30 | Begrüßung und Einführung Lutz Bergemann Bettina Bohle |
10:30 - 11:00 | Kaffeepause |
11:00 - 12:00 | Die Beschaffenheit und Funktionen des ὄχημα im Neuplatonismus, insbesondere bei Proklos Bettina Bohle |
12:00 - 13:00 | Ein, zwei, viele Körper – Die Trikāya-Doktrin des Mahāyāna-Buddhismus und die Śarīra- Traya-Lehre im Advaitavedānta Christoph Wenger |
13:00 - 14:30 | Mittagspause |
14:30 - 15:30 | Die subtiliata materia des Glorienleibs. Feinstoffliche Grundlagenforschung in der Naturphilosophie des 12. Jahrhunderts Cornelia Selent |
15:30 - 16:30 | Spiritus phantasticus. Glorienleib und anima phantastica in der lateinischen Frühscholastik Anne Eusterschulte |
16:30 - 17:00 | Kaffeepause |
17:00 - 18:00 | Lichtinstallation Lena Gätjens |
24.10.2015 | |
09:30 - 10:30 | Der Gedanke des Seelenwagens bei Ficino Thomas Leinkauf |
10:30 - 11:00 | Kaffeepause |
11:00 - 12:00 | Keplers Seelenlehre zwischen Physik und Theologie Sascha Salatowsky |
12:00 - 13:00 | Postmortales Fleisch. Jesuitische Debatten über den Glorienleib im 17. Jh. Bernd Roling |
13:00 - 14:30 | Mittagspause |
14:30 - 15:30 | Theurgie, Imagination und aitherischer Seelenleib: Aspekte visionärer Dichtung bei Henry More? Lutz Bergemann |
15:30 - 16:30 | Vorstellungen von Beseelung und postmortaler Leiblichkeit bei den Metaphysical Poets – Poesie des Seelenleibs Verena Lobsien |
16:30 - 17:00 | Kaffeepause |
17:00 - 18:00 | Zum Konzept der flüssigen Materie um 1750 am Beispiel Christian Wolffs Hanns-Peter Neumann |
18:00 - 18:15 | Schlussworte |