Seitdem Klimaveränderung zum Thema öffentlicher Debatten wurde, ist Modellierung in aller Munde. Inzwischen auch bei Topoi. Modellierung scheint das technisch avancierte Werkzeug zu sein, komplexe Bedingungen für Veränderungen zu erfassen und auf handhabbare Weise zu integrieren. Was mehr könnte Wissenschaft leisten? – so stellt sich die Frage.
Auf der anderen Seite stehen Forschungen und wissenschaftliche Vorgehensweisen, die sich offensichtlich dem Gedanken an Modellierung widersetzen. Ist das tatsächlich so? Und wenn ja: aus welchen Gründen?
Der Workshop richtet sich also nicht nur an Modellierer/innen (die diskutieren wollen, was sie eigentlich tun) und solche, die es werden wollen (aber noch nicht wissen, warum), sondern ebenso an Forscher/innen, die sich das auf keinen Fall vorstellen können – und nach den Gründen dafür suchen.
Dabei sind Vorkenntnisse keineswegs erforderlich, Neugier sehr hilfreich und Skepsis durchaus angebracht.
Wir möchten also mit Euch und Ihnen über Modelle und Modellierung sprechen. Dass Modelle und Modellierung Thema in vielen und vielfältigen Diskursen ist, bringt mit sich, dass verschiedenartige Bilder und Begriffe davon existieren, was ein Modell, was eine Modellierung ist. Hier gilt es, Übersicht zu gewinnen.
Zum zweiten ist zu realisieren, dass wir es mit einem Trend zu tun haben: Ähnlich freimütig wie in den 1960’er Jahren wird heute wieder erwartet, dass Forschungsfragen in Computer, Code und Programm verarbeitet werden können. Doch was bedeutet das? Algorithmen, Variablen, Parameter, Konstanten –  dies sind die Begriffe für die Stellschrauben, die wir bei der Nutzung von Modellen verwenden können, um das Ergebnis…ja, was eigentlich? Den Modellgüteparametern allgemeinverständlich paraphrasierbar anzupassen? Oder unseren eigenen Vorstellungen? Letzteres wäre tautologisch, erstes – für sich genommen – unreflektiert. Oder geht es bei Modellierung weniger um Ergebnisse als um eine Methode, den Forschungsprozess zu strukturieren? Annahmen zu explizieren und zu erproben? Und wie verhielte sich dies zu anderen Verfahren wissenschaftlicher Reflexion?
Anhand von zwei Texten wollen wir uns einen Überblick über die Vielzahl der Modellansätze verschaffen und an einem konkreten Beispiel den Weg nachzeichnen von der angenommenen Realität, über die Welt der Formeln und Zahlen, hin zu einer Interpretation, die uns den Ausgangspunkt der Reise besser verstehen lassen kann.
Der erste Text von Lemmen (2014) stellt ein relativ einfaches, typisches Beispiele von Modellierung vor. Der zweite Text von Sterman (1991) nimmt die inneren Grenzen von Modellierung in den Blick: wie kann eine Kritik der Modellierung aussehen. Darüber hinaus werden wir aber auch über die ‘äußeren’ Grenzen von Modellierung sprechen: Darüber, welchen Platz Modellierung in der Forschungslandschaft einnimmt und warum Modellierbarkeit und Wissenschaftlichkeit keineswegs zusammenfallen.

Über Eure/ Ihre Teilnahme würden wir uns freuen. Bitte melden Sie sich an bei:

Daniel Knitter
daniel.knitter@fu-berlin.de
Werner Kogge
werner.kogge@fu-berlin.de

Literatur:
Carsten Lemmen, “Malthusian Assumptions, Boserupian Response in Transition to Agriculture Models”, in: Marina Fischer-Kowalski, Anette Reenberg, Anke Schaffartzik and Andreas Mayer (eds.) Ester Boserup’s Legacy on Sustainability, 2014, 87–97. Human-Environment Interactions 4. Springer Netherlands. http://link.springer.com/chapter/10.1007/978-94-017-8678-2_6.

John D. Sterman,  “A Skeptic’s Guide to Computer Models.” Managing a Nation: The Microcomputer Software Catalog 2, 1991, 209–29.