In der zeitgenössischen Kulturtheorie geht man davon aus, dass Raumregime auf konstitutive Akte und Praktiken zurückgehen, die spezifische Räume einsetzen, unterteilen und markieren. Raumkonstituierende Praktiken stehen dabei neben raumunterhaltenden. Rechtsräume, soziale, politische, ökonomische oder mediale Räume sind nicht schlechterdings vorhanden, haben nicht von sich aus eine dauerhafte und stabile Existenz. Sie werden vielmehr durch spezifische kulturelle Praktiken eingeräumt und je von neuem unterhalten. Raumregime sind Korrelate bestimmter raumbildender Praktiken und beziehen durch sie ihre relative Stabilität bzw. stete Veränderlichkeit. Menschliche (und nichtmenschliche) Akteure sind wiederum diejenigen, die von vielen anderen zum Handeln gebracht werden. Sie greifen dabei auf ein Ensemble von kulturellen Praktiken und Fertigkeiten – Körpertechniken, Gebrauchsweisen, Interaktionsrituale, Sprechakte, Notationsformen – zurück, das ihren Handlungen Kontur und Bedeutung verleiht. Kulturelle Praktiken konfigurieren gleichermaßen Raumordnungen und die in ihrem Rahmen jeweils handelnden bzw. exponierten Akteure, und bilden damit auf einer mittleren Ebene die Scharnierstellen zwischen den räumlichen Ordnungen auf der einen Seite und den diversen Akteuren auf der anderen Seite.

Aus verschiedenen Perspektiven wird daher die Zone der Handhabungen, der habitualisierten Skripte, der Gebrauchsweisen des Raumes sowie der einflussreichen Umgebungen bei Kant, Hertz, Heidegger, Debord, Campe und Bourdieu in den Blick genommen. Als Arbeitsform wird das Prinzip der gemeinsamen Besprechung grundlegender Texte fortgeführt, das sich bereits bei dem Workshop zum “Impliziten Wissen” bewährt hat: Jeder Text des vorher bereitgestellten Readers wird von einem 20-minütigen Impulsreferat eingeleitet und anschließend im Plenum diskutiert.

Worshop_Praktiken_Reader

Program

17.6.2011
09:00
Die Kultur der Vernunft - Praxis und Praktiken bei Kant
Leander Scholz
10:00
The Left-Handed Gun: Links- und Rechtshändigkeit bei Kant, Robert Hertz und Billy the Kid
Rebekka Ladewig
11:30
Haltungen zur (Un-)Handlichkeit der Welt in politischer und künstlerischer Praxis
Kai van Eikels
13:30
Situationen verzeichnen. Zur Notation von Handlungsräumen (Debord, Lewin)
Anna Echterhölter
14:30
Literarische Praktiken denken. Rüdiger Campes Konzept der 'Schreibszene'
Karin Krauthausen
16:00
Alles, was der Fall ist. Über alltägliche Unfälle und Störungen (Freud/Heidegger/Serres)
Iris Därmann
17:00
Die Negativität der Praxeologie (Bourdieu)
Robert Schmidt